Angelesen… Veröffentlichungen im Spielerecht (6)

In unserer Rubrik „Angelesen“ weisen wir in unregelmäßigen Abständen auf aktuelle Veröffentlichungen im Spielerecht hin. Die Auswahl ist komplett subjektiv und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir stellen zusammen, was wir interessant finden – auch mit Blick über den juristischen Tellerrand hinaus.

Diesmal: Jugendschutz praktisch und theoretisch, Virtual Reality, Einblicke in die deutsche Spieleindustrie.

Jugendschutz I –Entwicklungen und Einblicke in die Praxis

Die für Altersprüfungen im Spielebereich zuständige Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle e. V. (USK) hat ihre Jahresstatistik für 2016 veröffentlicht. Die Zahlen im klassischen Prüfbereich sind im Vergleich zum Vorjahr stark gesunken. Woran das liegt und wieso 2016 dennoch ein Rekordjahr war, erklären GamesWirtschaft und GamesMarkt.

Einen Anstieg gab es bei der Zahl an Berufungen und Appellationen. Im vergangenen Jahr gingen gleich zwei Titel ins Appellationsverfahren, beide erhielten letztlich eine USK 18-Kennzeichnung. Wie das Verfahren zu „Killing Floor 2“ ablief, hat Felix Hilgert hier im Blog geschildert. Einen Einblick in die Prüfung von „Dead Rising 4“ liefert Andreas Lober in einem Gastbeitrag für GamesWirtschaft.

Im Juni wurde bekannt, dass der neueste Teil der „Call of Duty“-Reihe, „WW II“, auf die Darstellung von NS-Insignien nicht nur in der deutschen Version, sondern generell im Multiplayer verzichtet. Grund hierfür sei, so ein Sprecher des Entwicklungsstudios, u.a. die gesetzlichen Vorgaben in unterschiedlichen Ländern. In Deutschland hält die Rechtsprechung – trotz erheblicher Kritik– an einem grundsätzlichen Verbot entsprechender Darstellungen in Computerspielen fest (s. hierzu unser Special). Der „deutsche Sonderweg“ in dieser Frage betrifft somit inzwischen sogar Spieler aus dem Ausland.

Obwohl Kriegshandlungen häufig kritisch beurteilt werden, erhielt Battlefield 1 im Herbst vergangenen Jahres eine USK-Freigabe ab 16. Der Grund für diese vergleichsweise niedrige Einstufung waren unter anderem die Einbindung der Gewalthandlungen in einen Rahmenstory, eine kritische Reflektion des Kriegshandelns und die Art der Treffervisualisierungen, so die USK gegenüber dem Branchenmagazin GamePro.

Gute Chancen haben Publisher aktuell mit Anträgen, alte Spieler vom Index streichen zu lassen. Mehr als zwanzig Jahre nach der ersten Veröffentlichung hat die BPjM den Shooter-Klassiker Duke Nukem 3D vom Index genommen, auch Red Faction 2 ist nicht mehr dort zu finden. Wie sich die Wahrnehmung von Spielen ändert, zeigt Spieletipps mit der treffend betitelten Story „10 Indizierungen, über die ihr heute lachen könnt“.

Anders sieht es bei Let’s Plays bzw. Videos aktueller Spiele aus. Ein Walkthrough durch das in Deutschland indizierte (Liste D) Spiel „Hatred“ war jüngst Gegenstand eines Beschlagnahmebeschlusses des AG Tiergarten (7.12.2016 – (353 Gs) 284 AR 55/16 (5820/16). Die Beschlagnahme der sieben Videoclips erfolgte aufgrund von Gewaltverherrlichung nach § 131 StGB. Wer die Entscheidung nachlesen möchte, abgedruckt hat sie der JMS-Report (1/2017, 89-90).

Jugendschutz II – Fachbeiträge / Rechtsprechung

In ihrem jährlichen Rückblick haben Kristina Hopf und Birgit Braml die Entwicklung des Jugendmedienschutzes 2015/2016 beleuchtet (ZUM 2016, 1001-1013, für Abonnenten). Der Beitrag befasst sich vor allem mit den Änderungen des JMStV, ausführlich stellt er zudem die im Jugendmedienschutz ergangene Rechtsprechung dar.

Sebastian Schwiddessen beschäftigt sich in einem insgesamt vier Teile umfassenden Beitrag mit dem medienbezogenen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht bei Sachverhalten mit Auslandsbezug. Erschienen sind bislang Teil 1 (CR 2017, 443-454) sowie Teil 2 (CR 2017, 511-523).

Mit den Voraussetzungen der Staatshaftung nach später aufgehobenen Beschlagnahmen hat sich der BGH beschäftigt (NJW 2017, 1322).

Gaming meets Law –  Rechtsfragen für die Gamesbranche erläutert

Vom Bewerbungsprozess über Fragen der Arbeitsplatzsicherheit bis hin zu Audits: Die Osborne Clarke-Partner Konstantin Ewald und David Plitt klären in einem siebenteiligen Interview mit dem Team von „Talk in der Alm“ über die rechtlichen Fragestellungen und Fallstricke auf, die sich für Arbeitnehmer und Unternehmen der Gamesbranche stellen. Die Videos der Interviewreihe „Play by the rules“ finden sich bei YouTube (hier).

Einen weiteren Überblick über relevante Rechtsfragen, die die Computerspiel-Branche derzeit beschäftigen, gibt Konstantin Ewald auch zusammen mit Tobias Haar anhand aktueller Fälle z.B. zum Keyselling und Verbraucherschutz (K&R 2017, Beilage, 12-17).

Virtual Reality – Eine „unbekannte Nutzungsart“?

Aktuell hochumstritten – und daher heiß diskutiert – ist die urheberrechtliche Einordnung von Virtual Reality. Die Kernfrage ist, ob es sich bei der Technik um eine „unbekannte Nutzungsart“ i.S.d. § 31a UrhG handelt. Urhebern von VR-Titeln könnten in diesem Fall nämlich ihre Rechteeinräumung widerrufen bzw. Ansprüche auf gesonderte Vergütungen haben.

In einem Aufsatz vertritt Martin Franz, langjähriger General Counsel von Crytek, die Auffassung, beim derzeitigen Stand sei VR noch nicht als neue Nutzungsart anzusehen (ZUM 2017, 207-215, für Abonnenten). Es handele es sich bei der aktuellen Technik schlicht um eine neue Verwendungsform. Gleichwohl empfiehlt er Verwertern, in Verträgen mit Urhebern und anderen Lizenzgebern ausdrücklich VR-Nutzungen mit einzuschließen – auch mit Blick auf zukünftige selbstständige VR-Systeme. Ausführlich stellt der Beitrag die technische Situation im Bereich von VR-Systemen und die Rechtsentwicklung zu unbekannten Nutzungsarten dar. Ebenso geht er der Frage nach, welche Folgen die Gegenansicht, also eine Einstufung von VR als neue Nutzungsart, hätte. Dieser Beitrag wird sicher nicht der letzte Debattenbeitrag zu dem Thema sein, die Kontroverse um die Einstufung von VR nimmt gerade erst an Fahrt auf.

Einblicke in die deutsche Spieleindustrie und eSport-Markt

Der Bundesverband Interaktive Unterhaltung (BIU) hat mit „A Guide to the German Games Industry“ Zahlen und Fakten über die deutsche Spieleindustrie zusammengetragen. In dem englischsprachigen Handbuch werden nicht nur allgemeine Marktzahlen und Trends aus der Games-Branche, sondern vor allem auch die hier ansässigen Studios vorgestellt.

Ein Update zu der Entwicklung des eSport-Markts in Deutschland gibt zudem eine Studie von Deloitte unter dem Titel „Continue to Play“ sowie die Publikation „BIU Fokus: eSports“ des BIU.

Über den Tellerrand geschaut

„Als die Pixel schlüpfrig wurden“ heißt der Rückblick von Stephan Freundorfer, der auf Spiegel Online 30 Jahre nach Erscheinen über „Leisure Suit Larry“ schreibt. Aus heutiger Sicht eine krude Pixelwelt, in der damaligen Zeit ein großer Aufreger.

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Wie ist es, sich beim Autorennen mit Rubens Barrichello zu messen? Über diese Erfahrung hat Craig Lager auf PCGamer geschrieben: „My hands are actually sweating into my Halfords racing gloves. I know it’s absurd to be this worked up over an online race, and to have to wear gloves while sitting at my computer. The thing is, I’m on the grid directly behind Rubens Barrichello. The actual one.“

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Martin Lorber, Jugendschutzbeauftragter von Electronic Arts und Vorstandsmitglied von JusProg e. V, gibt ein der BPjM-Aktuell einen Einblick in die Rolle der Wirtschaft beim Jugendmedienschutz (2/2017, 9-11). Vom technischen Thema des Safety by Design bis zur Medienaufklärung eine rundum interessante Lektüre.

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Was sich hinter dem Begriff „Archaeogaming“ verbirgt und mit welchen Themen sich Anhänger dieser neuen Forschungsdisziplin auseinandersetzen – hierzu Dominik Schott in einem Beitrag für die Zeit.

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