Der Markt mit sogenannten „Let‘s play“-Angeboten boomt. Dabei filmen sich Spieler beim Spielen von unterschiedlichen Games. Gleichzeitig kommentieren sie „live“ das Spielgeschehen, ähnlich einem Reporter bei einer im Fernsehen übertragenen Sportveranstaltung. Die so produzierten Live-Streams und Videoclips von Spieleszenarien werden anschließend bei Video-Portalen eingestellt und für Interessierte zugänglichgemacht. Während in Deutschland die Online-Gemeinde der Let’s-Player stetig wächst, gibt es in den USA bereits ganze Streaming-Kanäle für Let’s-Play-Content, über die registrierte Nutzer umfangreiche Games-Sessions miterleben können.
Aus urheberrechtlicher Sicht ist der so geschaffene „Markt“ nicht unproblematisch. Rechtsprechung gibt es noch keine; Unsicherheiten dagegen einige.
Rechtlicher Schutz des Contents
Computerspiele genießen urheberrechtlichen Schutz. Die im Computerspiel enthaltenen Einzelwerke wie Grafiken, Musik und Benutzeroberflächen sind urheberrechtlich als „persönliche geistige Schöpfungen“ im Sinne des § 2 UrhG geschützt. Aber auch die Gesamtkompensation des Computerspiels genießt urheberrechtlichen Schutz als Filmwerk bzw. Werk, das ähnlich einem Filmwerk geschaffen wurde (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG). Zu den Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Spiel gehört auch die Befugnis des Publishers, das Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben, etwa in Internetportalen zum Abruf durch Dritte bereitzustellen.
Jüngst wird übrigens auch diskutiert, dem Spieler solcher Spiele ein „Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers“ nach § 73 UrhG zu gewähren und ihm das Recht zuzubilligen, seine Darbietung auf Bild- und Tonträger aufzunehmen und seine Schöpfung öffentlich zugänglich zu machen, insbesondere im Internet auf Portalen, wie YouTube anzubieten (Hoffmann, ZUM 2013, 279).
Jedenfalls bestehen im Bereich „Let‘s play“ Rechte Dritter an den urheberrechtlich geschützten Inhalten. Konsequenz daraus ist: Derjenige der „Let’s play“- Inhalte online stellt, bedarf grundsätzlich der Zustimmung des Urhebers. Eine gesetzliche „Schranke“, die ausnahmsweise eine Zustimmung des Urhebers entbehrlich macht, fehlt indes jedenfalls im deutschen Recht (in den USA kommt dagegen „fair use“ in Betracht). Teilweise wird hier zwar auf das „Zitatrecht“ (§ 51 UrhG) verwiesen. Dies scheidet jedoch aus, denn ein Zitat darf sich außerhalb des wissenschaftlichen Bereichs immer nur auf Ausschnitte eines Werkes beziehen und muss eine Belegfunktion für eigene Erörterungen haben. Die Kommentierung des Spielgeschehens dürfte in den wenigsten Fällen genügen, um die Verwendung von Spielinhalten als Zitat zu rechtfertigen.
Veröffentlichung erlaubt?
Wie erklärt sich also, dass so viel Let‘s play-Content im World Wide Web verfügbar ist? Haben Hersteller und/oder Spieler etwa ihre ausdrückliche Zustimmung zum Mitschnitt und Veröffentlichung gegeben?
Überraschenderweise: Ja. Zumindest einige von ihnen. Die Spielehersteller sehen bisweilen von einem Vorgehen ab, weil die Veröffentlichung der Inhalte mit einem breiten Werbeeffekt verbunden ist. Das Spiel wird gezielt und vor allem kostenlos einem breiten Publikum zugeführt. Im Ergebnis stellt dies eine äußerst wirksame Marketingmaßnahmen für die Hersteller dar. Deshalb haben einige große Computerspielanbieter in der Tat bereits eingelenkt, ihre Nutzungsbedingungen angepasst und das nicht-kommerzielle Anbieten von „Let‘s Play“-Inhalten nach vorheriger Genehmigung erlaubt. Aber Vorsicht: Nicht-kommerziell bedeutet, dass schon eine Monetarisierung von YouTube-Videos mit Anzeigen eigentlich verboten ist.
[update 12. Januar 2015: Microsoft geht neuerdings sogar noch weiter und erlaubt offiziell die Monetarisierung mit Werbung bei Twitch, YouTube und Konsorten, allerdings mit einigen Einschränkungen. Mods dürfen nicht gefilmt werden, und der Titel des Videos darf nicht der Titel des Spiels sein. Besondere Regeln gelten daneben auch für Microsoft-Neuzugang Minecraft.]
[update 29. Januar 2015: Auch Nintendo erlaubt nunmehr grundsätzlich die Monetarisierung – verlangt aber eine Umsatzbeteiligung]
Trotz der teilweise großzügigen Position der Publisher ist der Let’s-Play-Spieler vor Ungemach nicht absolut sicher. So schwappte Ende 2013 eine große Löschwelle durch das YouTube-Angebot, mit der YouTube gezielt Inhalte solcher Spieler aus dem Portal entfernte und teilweise auch Accounts sperrte. Eine Abstimmung mit Computerherstellern war dem soweit bekannt nicht vorausgegangen. Deshalb sind einige Hersteller dazu übergegangen, für Let‘s play-Inhalte „Duldungserklärungen“ anzubieten, in denen sie erklären, grundsätzlich keine Einwände gegen die Verbreitung von Videomaterial oder Screen Shots auf YouTube zu haben, solange es sich nicht um eine (anderweitig) rechtswidrige oder unangemessene Verwendung handele. Gleichzeitig weisen sie aber darauf hin, dass sie im Falle von Löschungen seitens YouTube nichts unternehmen werden.
[update 11. Januar 2016: Wir haben jetzt auch etwas zu den jugendschutzrechtlichen Implikationen der Veröffentlichung von Let’s Play Videos auf YouTube geschrieben]
Ansätze in der Rechtsprechung
Was gilt nun? – Schwer zu sagen. Solange keine gerichtliche Klärung vorliegt, dürften die Uploader von Let’s-Play-Videos jedenfalls dann abgesichert sein, wenn sie vor Veröffentlichung ihres Clips eine Duldungserklärung oder Zustimmung der Hersteller einholen. Denkbar ist es aber auch, dass die Rechtsprechung in der hiesigen Konstellation ihrer Rechtsauffassung zu den „Vorschaubildern“ (BGH, Urt. v. 29. April 2010 – I ZR 69/08 – Vorschaubilder I) folgt. Danach darf der Rechteinhaber nicht gegen die Anzeige seiner Fotografien als Vorschau innerhalb der Google-Bildersuche vorgehen, wenn seinem (schlüssigen) Verhalten die objektive Erklärung entnommen werden kann, er sei mit der Nutzung seiner Werke durch die Bildersuchmaschine einverstanden. Dies sei bereits dann der Fall, wenn der Berechtigte seine Werke ungesichert dem Zugriff durch Bildersuchmaschinen aussetze, obwohl er von deren Anzeige in Vorschaubildern Kenntnis erlangt hat.
Solange die Computerspielanbieter die Verbreitung von „Let‘s play“-Angeboten weiter dulden und auch entsprechende Duldungserklärungen anbieten, liegt der objektive Erklärungswert einer Zustimmung nahe.
Wir danken unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Alexandra Heliosch für die Mitwirkung an diesem Beitrag.
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