OLG Stuttgart: Keine Rechtswahl in AGB

Fast alle international tätigen Onlineanbieter unterstellen ihre AGB einer bestimmten Rechtsordnung. Diese Praxis führt immer wieder zu Konflikten (so etwa auch in der Auseinandersetzung zwischen Sony und dem Hacker „Geohot“).

In einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 17.02.2011 (Az.: 2 U 65/10 – Volltext) hat das OLG Stuttgart im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung auch eine Rechtswahlklausel (zugunsten des niederländischen Rechts) in gegenüber einem Verbraucher verwendeten AGB für unwirksam gehalten. Die Begründung ist allerdings an entscheidenden Stellen lückenhaft.

Das Gericht verweist mehrfach auf den mit der Rechtsprechung des BGH in Einklang stehenden Grundsatz, dass die Wirksamkeit einer Vertragsbestimmung nach den Maßstäben des gewählten Rechts zu beurteilen ist. Trotzdem gelangt es zur Anwendbarkeit der deutschen Vorschriften über die AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) auf die streitgegenständlichen AGB, und zwar nicht durch die Anwendung des vom BGH postulierten Günstigkeitsvergleichs, sondern aufgrund der grundsätzlichen Überlegung, dass dem Verbraucher die Wahrnehmung seiner Rechte erschwert sei, wenn er im Streitfall einen in einem fremden Recht kundigen Rechtsanwalt (auf)suchen müsste.

In Anwendung deutschen AGB-Rechts meint das Gericht weiter, dass eine Rechtswahl den Verbraucher unangemessen benachteilige. Zur Begründung unternimmt es einen Ausflug in die ebenfalls in den angegriffenen AGB enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung (zugunsten niederländischer Gerichte). Diese verstoße gegen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, namentlich das in Art. 16 EuGVVO verankerten Prinzip, dass der Verbraucher an seinem Wohnsitz klagen könne, und sei daher wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

In Bezug auf die eigentliche Rechtswahl folgen nur noch dürre Worte:

Auch die Rechtswahl hin zum niederländischen Recht benachteiligt den deutschen Verbraucher unangemessen. Die unangemessene Benachteiligung ergibt sich hier gleichfalls aus den soeben zum Gerichtsstand dargelegten Umständen.

Damit macht es sich das OLG Stuttgart zu einfach. Ein Verstoß gegen die EuGVVO liegt in der Rechtswahl jedenfalls nicht. Die Richter legen ihrer Entscheidung aber offenbar ein ähnliches Verständnis von Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom-I-VO (ehemals Art. 29 EGBGB) zugrunde wie das LG Heilbronn in dem hier erwähnten Urteil. Dies widerspricht der traditionellen Herangehensweise des BGH – allerdings hat dieser in der Entscheidung zu den nicht übertragbaren Nutzeraccounts jüngst eine ähnliche Sichtweise angedeutet.

Angesichts der vorliegenden Entscheidung dürfte es künftig schwieriger werden, eine Rechtswahl gegenüber Verbrauchern in AGB durchzusetzen. Die weitere Entwicklung bleibt zu beobachten.

 


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