EuGH: Keine allgemeinen Filterpflichten für Social Networks

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bleibt seiner Linie zur Auslegung der E-Commerce-Richtlinie auch in seiner jüngsten „SABAM“-Entscheidung  treu: Auch Social Networks sind nicht verpflichtet, rechtsverletzende Inhalte generell und präventiv auf ihren Servern zu filtern und dadurch einen Austausch rechtsverletzender Inhalte, wie z.B. von Raubkopien, zu verhindern.

Keine allgemeine Überwachungspflicht

Insoweit entspricht die Entscheidung dem im November 2011 ergangenen „Scarlet Extended SA“-Urteil. Die gute Nachricht für Plattformanbieter, die Usern das Einstellen von Inhalten erlauben, ist daher, dass der EuGH am in Artikel 15 Abs. 1 der E-Commerce-Richtlinie geregelten Verbot der allgemeinen Überwachungspflichten festhält.

[Es] ist festzustellen, dass die dem Hosting-Anbieter auferlegte Anordnung, das streitige Filtersystem einzurichten, ihn verpflichten würde, eine aktive Überwachung fast aller Daten sämtlicher Nutzer seiner Dienste vorzunehmen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen. Daraus folgt, dass diese Anordnung den Hosting-Anbieter zu einer allgemeinen Überwachung verpflichten würde, die nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 verboten ist […].

Wie schon in den vergangenen Urteilen, betont der EuGH, dass dieses Verbot zwar in ein angemessenes Verhältnis zu dem Recht am geistigen Eigentum gesetzt werden müsse, dieses angemessene Verhältnis aber durch ein kompliziertes, kostspieliges, auf Dauer angelegtes und allein auf Kosten des Plattformanbieters betriebenes Filtersystem gerade nicht gewahrt würde.

Dies bedeutet aber keineswegs, dass Plattformbetrieber keinerlei Pflichten treffen. Denn bereits in der „L’Oréal“-Entscheidung von Juli 2011  stellte der EuGH klar, dass Gerichte Plattformanbieter durch gerichtliche Anordnungen dazu zwingen dürfen, den Verletzer von Rechten Dritter von der Plattformnutzung auszuschließen, um zu vermeiden, dass erneute derartige Verletzungen derselben Werke durch denselben Verletzer auftreten, wenn der Plattformanbieter sich nicht aus eigenem Antrieb dazu entschließt, den Rechtsverletzer auszuschließen.

Situation in Deutschland

Diese Leitlinien des EuGH entsprechen im Ansatz der deutschen Rechtsprechung und Gesetzgebung, die in § 7 Absatz 2 Satz 1 Telemediengesetz klarstellt, dass eine Verpflichtung zur allgemeinen Überwachung von fremden Inhalten auf ihren Plattformen nicht besteht. Allerdings können Plattformanbieter ab dem Zeitpunkt der positiven Kenntnis einer Rechtsverletzung dazu verpflichtet werden, diese Rechtsverletzung zu beseitigen („Notice and Take-Down“) und dafür zu sorgen, dass derartige Rechtsverletzungen künftig nicht mehr erfolgen („Unterlassung“ künftiger Rechtsverletzungen). Diese künftige Prüfpflicht bezieht sich nach der deutschen Rechtsprechung – im Gegensatz zur Rechtsprechung des EuGH – aber nicht nur auf den konkreten Verletzer, sondern auch auf andere Personen, die ähnliche Rechtsverletzungen begehen.

Fazit

Für Plattformbetreiber, die fremde Inhalte anbieten, bedeutet dies, dass sie nach wie vor keine Generalüberwachung ihrer Plattform auf Rechtsverletzungen hin vornehmen müssen. Ab dem Zeitpunkt, an dem sie Kenntnis von einer Rechtsverletzung erhalten, müssen sie jedoch aktiv werden, die Rechtsverletzung beseitigen und dafür sorgen, dass erneute derartige Verletzungen derselben Rechte nicht wieder auftreten


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