Let’s play! Rundfunkrechtlich kein leichtes Spiel

Die Medienanstalten haben sich erstmalig einen Let’s Play Kanal näher angesehen. Getroffen hat es den prominenten Twitch-Kanal von PietSmiet. Der überwiegend Let’s Plays zeigende Kanal sei ein zulassungspflichtiges Rundfunkangebot, so die Medienwächter. Für den Fall dass bis zum 30. April kein entsprechender Zulassungsantrag vorliegt, drohen sie mit einer Untersagung.

Bislang scheint das Vorgehen gegen PietSmiet noch ein Einzelfall zu sein. Sein Schicksal könnte aber auch andere Angebote treffen, die regelmäßig Streams im Netz veranstalten. Egal ob auf Twitch, YouTube oder Facebook Live, wann brauchen Online-Streams eigentlich eine Zulassung?

Wieso überhaupt Zulassungen?

Dass die Medienanstalten Online-Streaming ins Visier nehmen, ist an sich nicht völlig überraschend. Wer in Deutschland Rundfunk veranstalten will, braucht hierfür grundsätzlich eine Zulassung. Bei klassischer terrestrischer Verbreitung müssen Fernsehen und Radio mit begrenzten Frequenzen auskommen. Früher war die Sendetechnik zudem exorbitant teuer. Die Idee hinter den Zulassungspflichten war  – neben der Sicherung der Meinungsvielfalt –, dass man „Wellenkriege“ verhindern wollte.

Der Begriff des Rundfunks ist im Rundfunkstaatsvertrag aber weit gefasst, und heutzutage können auch Online-Streams grundsätzlich darunter fallen. Zum Rundfunk zählen nämlich nahezu alle an die Allgemeinheit gerichteten linearen Angebote in Bild oder Ton, die entlang eines Sendeplans verbreitet werden. Ausnahmen gibt es unter anderem für Angebote, die nicht journalistisch-redaktionell gestaltet sind. Wann die Landesmedienanstalten ein Angebot als zulassungspflichtig ansehen, hatten sie bereits 2014 in einer Checkliste zusammengefasst.

Seit einiger Zeit rücken Streaming-Angebote nun verstärkt in den Fokus der Medienaufsicht. Im Januar hatte die zuständige Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten bereits die Übertragung der Handball-WM  im Online-Livestream beanstandet. Auf weitere Maßnahmen oder Bußgelder hatte sie damals verzichtet, der kurzfristig angebotene Stream der DKB sei ein außergewöhnlicher Einzelfall gewesen. Diese Zurückhaltung soll im Fall PietSmiet wohl nicht mehr greifen.

Wann ist eine Zulassung erforderlich?

Entwarnung gilt zunächst für alle, die Videos auf YouTube oder andere Plattformen hochladen. Solche Angebote „auf Abruf“ brauchen keine Rundfunklizenz. Zulassungspflichtig sind nur Angebote, die „linear“ – also live oder jedenfalls zeitgleich für alle Nutzer – verbreitet werden. Normale Onlinevideos fallen also nicht darunter.

Streams können aber eine Zulassung benötigen, insbesondere wenn sie regelmäßig stattfinden. Voraussetzung ist, dass sie eine redaktionelle Gestaltung aufweisen, da Rundfunk „entlang eines Sendeplans“ stattfinden muss. Wann eine solche Gestaltung vorliegt, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls.

In der Praxis kaum relevant ist die Ausnahme für Angebote mit weniger als potentiellen 500 Nutzern. Denn hierfür kommt es nicht auf die tatsächliche Zahl von Nutzern an. Schon die Möglichkeit, dass mehr als 500 Nutzer zugreifen können kann genügen. Die Ausnahme greift also nur dann, wenn die Zahl der Nutzer von vornherein z.B. technisch begrenzt ist. Eine solche Begrenzung sieht keiner der großen Streamingdienste vor, auf die Bagatellgrenze können sich daher praktisch nur Nutzer mit privaten Servern berufen, die ab 500 Zuschauern keine weiteren zulassen.

Was kann man also tun?

Streamer können auf diese enge Gesetzeslage reagieren, indem Sie eine Rundfunkzulassung beantragen.

So abwegig ist dies gar nicht: Eine Reihe von Anbietern hat bereits erfolgreich eine Rundfunkzulassung für ihre Online-Angebote beantragt. So besitzen unter anderem die Talkformate Isarrunde/Spreerunde, die #heiseshow (zu den Hintergründen der Zulassung hier), der Musiksender muxx.tv und das Angebot von rocketbeans.tv eine reine Online-Zulassung. Es kann gut sein, dass sich dieser Weg als der beste Weg für Let’s Play-Angebote erweist.

Was wäre denn die Folge einer Zulassungspflicht?

Die Folgen einer Einstufung als zulassungspflichtigem Rundfunk sind vielfältig. Zunächst kostet die Zulassung Geld. Für die die Zulassung eines Onlinesenders veranschlagt die aktuelle Gebührensatzung eine einmalige Summe zwischen 1.000 und 10.000 Euro.

Verbreitet jemand jedoch zulassungspflichtigen Rundfunk ohne eine Zulassung, können empfindliche Bußgelder drohen, im Extremfall sogar bis zu 500.000 Euro.

Das Gros der Pflichten ist aber inhaltlicher Art: Rundfunkveranstalter müssen unter anderem die umfangreicheren Werbe- und Kennzeichnungspflichten des Rundfunkstaatsvertrages beachten sowie allgemeine Vorschriften zur Sicherung der Meinungsvielfalt. Und schließlich unterliegen Rundfunkveranstalter strengeren Publizitätspflichten. Das bedeutet: Jeder Veranstalter muss jährlich einen Jahresabschluss samt Anhang und einen Lagebericht erstellen und bekanntmachen.

Von all diesen Anforderungen sind nur Webradios ausgenommen. Diese müssen keine Zulassung beantragen, sondern lediglich ihren Betrieb anzeigen. Jedoch gilt auch hier: Zeigen sie den Betrieb nicht an, drohen auch hier Bußgelder.

Was ist nun mit PietSmiet?

Peter Smits, Gründer von PietSmietTV, will gegen die Beanstandung laut einer Stellungnahme  wohl vorgehen, denn diese sei „beunruhigend, um es mal sehr entspannt zu formulieren“. Zunächst hatte sich PietSmiet relativ entspannt gezeigt, weil die Pressemitteilung des für die Entscheidung zuständigen Gremiums, der ZAK, den Eindruck erweckt hatte, dass nur der „Zweitkanal“ von PietSmiet namens „PietSmietTV“ betroffen sei – ein Kanal, auf dem PietSmiet lediglich alte Youtube-Videos zweitverwertet und in Dauerschleife laufen lässt. In einem ersten Videostatement äußerte PietSmiet daher noch Verständnis für das Vorgehen der Medienaufsicht.  Wie sich herausstellt, betrifft die Beanstandung jedoch beide Kanäle – auch den Hauptkanal von PietSmiet, über den er neue Live-Videos veröffentlicht.

Bei beiden Kanälen ist zumindest fragwürdig, ob sie wirklich als Rundfunk anzusehen sind. Der Zweitkanal „PietSmietTV“ – um den es in der Pressemitteilung primär geht – zeigt alte Youtube-Videos von PietSmiet, die ohne erkennbares System in Dauerschleife laufen. Zuschauer sollen sich laut Smits einfach „berieseln“ lassen können. Hier ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot entlang eines Sendeplans zu sehen, ist unserer Sicht nicht zwingend. Denn: „entlang eines Sendeplans“ meint die Verbreitung einer zeitlich geordneten Folge von Inhalten, die in einem Plan (aktiv) festgelegt ist, also eine planmäßige und strukturierte Abfolge von Sendungen. Beim Haupt-Channel ist die Einordnung als Rundfunk ebenfalls problematisch. Dort senden PietSmiet und Team, nach eigener Aussage, nur „zwischendurch mal, wenn sie live gehen wollen.“ Die einzelnen Streams werden (ebenfalls nach Angabe von PietSmiet) weder vorab angekündigt noch regelmäßig oder gar zeitgleich ausgestrahlt. Ein regelmäßiges und planmäßiges Vorgehen seitens PietSmiet lässt sich hier demzufolge ebenfalls anzweifeln. Aus diesem Grund fehlt es auch aus der Rezipientenperspektive an der Regelmäßigkeit hinsichtlich des Streams.

Ganz glücklich mit ihrem Vorgehen scheinen die Medienanstalten selbst nicht zu sein. Schon lange fordern sie, dass die Gesetzeslage an die Realitäten des Internets angepasst werden müsse. Auch in diesem Fall sagte Siegfried Schneider, der Vorsitzende der ZAK: „Das Netz ist voll von rundfunkähnlichen Angeboten. Daher sollte es hier zeitnah zu einer Anpassung der Gesetze kommen.“

Fazit

Dennoch gilt derweil:

Wer regelmäßig Streaming-Angebote im Netz plant, sollte auf jeden Fall die zulassungsrechtlichen Anforderungen im Blick behalten und prüfen lassen, ob die Voraussetzungen von Rundfunk bei ihm vorliegen. Darüber hinaus sind bei der Erstellung und der Verbreitung von Let’s Play Videos zudem Fragen des Urheberrechtes und des Jugendschutzes zu beachten.

Wir bleiben an diesem Thema dran!


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