Miniserie Games-Förderung (3): Über den Tellerrand geschaut

Mit dem im November 2016 vorgestellten Modell für die steuerliche Förderung der Spieleentwicklung will der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. (BIU) eine Lücke schließen. Im Ländervergleich hinkt die Bundesrepublik bei der Förderung der Spieleentwicklung nämlich bisher deutlich hinterher, da in zahlreichen Staaten bereits (steuerliche) Fördermodelle für die Gamesentwicklung existieren und für die Spieleentwicklung insgesamt als wahrer „Motor“ fungieren. Nachdem wir in vergangenen Teilen der Miniserie den deutschen Entwurf analysiert und insbesondere den „Kulturtest“ rechtlich eingeordnet haben, widmen wir uns in diesem Teil den ausländischen Systemen, die auch für Deutschland Vorbildcharakter haben könnten. In der Europäischen Union funktionieren insbesondere die Fördersysteme des Vereinigten Königreichs (UK) und Frankreichs bereits sehr gut. Wir stellen diese Modelle (vereinfacht) dar und werfen auch einen kurzen vergleichenden Blick auf ähnliche Förderprogramme in Kanada.

Das UK-Fördermodell

Die steuerliche Förderung im UK besteht grundsätzlich in einem erhöhten Betriebsausgabenabzug. Gewisse Ausgaben für die Entwicklung eines Games können fast in doppelter Höhe als Betriebsausgabe im Rahmen der Berechnung der Bemessungsgrundlage steuerlich berücksichtigt werden.

Die dortige Förderung umfasst alle Videospiele unabhängig von der benutzten Plattform, solange das Game für den Markt bestimmt ist und von der zuständigen Behörde als „britisches“ Spiel zertifiziert wird (sog. Kulturtest). Grundsätzlich können alle im UK der Körperschaftsteuer unterliegenden Unternehmen („Video Games Development Companies„) die Förderung in Anspruch nehmen, soweit das jeweilige Unternehmen auch für die Entwicklung, Produktion und das Testing des Spiels verantwortlich ist. Sofern dies der Fall ist, wird zur Berechnung der Förderung für jedes Spieleprojekt eine Art „gesonderter Geschäftszweig“ gebildet und für Steuerzwecke eine getrennte Gewinn- und Verlustrechnung aufgestellt.

Das Besondere des UK-Gamefördermodells ist, dass bestimmte Ausgaben (fast) doppelt als Betriebsausgabe angerechnet bzw. steuerlich berücksichtigt werden können (sog. core expenditure/Kernausgaben). Vereinfacht dargestellt kann ein Spieleunternehmen grundsätzlich 80% der Kernausgaben noch einmal zusätzlich steuerlich als Betriebsausgabe im Rahmen der Berechnung der steuerlichen Bemessungsgrundlage ansetzen. Sollte sich durch diesen – untechnisch gesprochen – „fast doppelten Betriebsausgabenabzug“ ein Verlust ergeben, kann sich das Unternehmen in der Regel eine Steuergutschrift i.H.v. 25% der „zusätzlichen“ Betriebsausgaben auszahlen lassen.

Französisches Fördermodell

Die steuerliche Förderung berechnet sich in Frankreich insgesamt etwas anders als im UK: In Frankreich erfolgt die Förderung durch eine Anrechnung bestimmter Kosten auf die Körperschaftsteuerschuld; d.h. 20% der sog. Kernausgaben (übliche Ausgaben in der Gameentwicklung) eines Wirtschaftsjahres werden auf die Körperschaftsteuerschuld angerechnet (gedeckelt auf 3 Millionen Euro pro Jahr). Seit dem 1. Januar 2017 wurde der Prozentsatz der anrechenbaren Kernausgaben von 20% auf 30% erhöht (diese Änderung ist bislang noch nicht in Kraft getreten, da die EU-Kommission aus beihilferechtlichen Gründen noch grünes Licht geben muss). Sofern dieser Betrag die Körperschaftsteuerschuld überschreitet, kann sich das Unternehmen den übersteigenden Betrag auszahlen lassen. Das Entwicklerstudio muss grundsätzlich der französischen Körperschaftsteuer unterliegen und Entwicklungskosten für das jeweilige Spiel i.H.v. mindestens EUR 100.000 aufbringen.

In Frankreich – wie auch im UK – muss das jeweilige Game bzw. Gameprojekt in Bezug auf dessen kulturelle Diversität und Originalität zur Schaffung französischer oder europäischer Spiele beitragen, so dass jedes Spiel geprüft wird und ein Zertifikat von der zuständigen Behörde für das Game ausgestellt werden muss (Kulturtest). Dies folgt den Regeln des EU-Beihilfenrechts und ist zwingend, damit eine Spieleentwicklungsförderung von europäischen Mitgliedstaaten gewährt werden kann.

Kanadisches Modell

Neben den Modellen in Frankreich und UK existieren weltweit noch zahlreiche andere Fördermodelle, die sich in ihrer Funktionsweise in der Regel sehr voneinander unterscheiden. Aufgrund seiner Relevanz ist beispielsweise das Fördermodell Kanadas bzw. Québecs zu nennen. Dort werden bis zu 37,5% der Arbeitnehmerkosten vom Staat subventioniert (unter Berücksichtigung von gewissen Grenzen bei dem Maximallohn), was einen enormen finanziellen Effekt für die dort ansässigen Gamesunternehmen hat; d.h. bis 37,5% der Arbeitnehmerkosten werden dort unmittelbar vom Staat an das Unternehmen „bezuschusst“.

Neben der Förderung durch eine Anrechnung bestimmter Kosten (bzw. eines Prozentsatzes dieser Kosten) auf die Steuerschuld, der Erhöhung des Betriebsausgabenabzugs oder der direkten Subventionierung einzelner Kosten sind zahlreiche Modelle in der Praxis denkbar, die eine Spieleentwicklungsförderung umsetzen: Sowohl hybride als auch echte „tax credits“ und direkte Zulagen (wie z.B. die sog. Investitionszulage, die der Förderung von Investitionen in den neuen Bundesländern dienen sollte) sollten grundsätzlich auch für Deutschland denkbar sein.     


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