Werbung mit Gratismonat auf Bestellbutton und Preiserhöhungsklausel unzulässig

Was früher die Videothek um die Ecke war, ist jetzt der Streamingdienst auf dem Laptop oder Smart-TV. Nutzer können Filme, Musik, Serien oder das aktuelle TV-Programm jederzeit und von überall abspielen. Auch Spiele werden zunehmen in Abo- und Streamingmodellen angeboten, wie Apple Arcade und Google Stadia zeigen.

Den Reiz solcher Angebote macht dabei auch die Flexibilität aus. So ist eine kostenlose Probephase bei den meisten Anbietern üblich. Bei der Gestaltung der Anmeldeprozesse müssen dabei aber verbraucherrechtliche Vorgaben beachtet werden. Der Teufel liegt dabei zuweilen im Detail, wie ein aktuelles Urteil des Kammergerichts Berlin zeigt.

Der Fall

Ein Streamingdienst hatte den Bestellbutton für den Abschluss eines Online-Abonnements mit den Worten

Mitgliedschaft beginnen kostenpflichtig nach Gratismonat

beschriftet. Der Bundesverband Verbraucherzentralen e.V. (vzbv) war der Meinung, dass dies aufgrund des Zusatzes „nach Gratismonat“ missverständlich für den Verbraucher sei. Darüber hinaus kritisierte der vzbv eine Klausel in den AGB des Streamingdienstanbieters, welche ihm das Recht einräumte, das Abo-Angebot und die Preise jederzeit zu ändern. Eine solche Klausel benachteilige laut vzbv den Verbraucher unangemessen. Der vzbv klagte deshalb nach erfolgloser Abmahnung auf Unterlassung, welche in erster Instanz abgewiesen wurde. Das Kammergericht gab im Rahmen der Berufung allerdings doch den Verbraucherschützern Recht.

Die Entscheidung

Mit – soweit bekannt noch nicht rechtskräftigem – Urteil vom 20. Dezember 2019 entschied das Kammergericht Berlin (Az. 5 U 24/19, Volltext hier), dass eine derartige Beschriftung des Bestellbuttons tatsächlich missverständlich sei. Ein Bestellbutton muss nämlich rechtlich so ausgestaltet sein, dass die Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder ähnlichem beschriftet ist. Auch die Preiserhöhungsklausel hält das KG für unwirksam.

Verwirrung durch „Gratismonat“

Problematisch war an der Gestaltung des Bestellbuttons des Streamingdienstanbieters, dass ein Hinweis auf den Gratismonat auf dem Button erfolgte. Nach Ansicht des Gerichts halte dies den rechtlichen Vorgaben nicht stand: Der Verbraucher solle über die Beschriftung des Bestellbuttons nur darüber informiert werden, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist. Jeglicher Informationstext, der über diese Anforderung hinausgeht, lenke den Verbraucher von der Zahlungspflicht ab. Verstärkend kam in diesem Fall hinzu, dass das Wort „Gratismonat“ per se eine Anlockwirkung auf den Verbraucher habe und in seiner Platzierung in zentrierter Alleinstellung in der dritten Zeile auf dem Button in den Fokus gestellt werde.

Der Streamingdienstanbieter argumentierte zwar damit, dass er mit der Beschriftung „Mitgliedschaft beginnen kostenpflichtig nach Gratismonat“ den Verbraucher darüber informieren wolle, dass im ersten Monat kein Entgelt fällig sei. Das Gericht wies diese Begründung jedoch zurück; die Rechtsvorgaben bezüglich der Gestaltung eines Bestellbuttons seien klar, dem Verbraucher solle bewusst sein, dass mit der Betätigung des Buttons eine Zahlungsverpflichtung begründet werde. Nicht jedoch solle die Beschriftung des Buttons den Verbraucher vor einer Intransparenz der Preisgestaltung oder gar einer Überraschung darüber, weniger zahlen zu müssen, bewahren.

Das Urteil reiht sich damit ein in die Rechtsprechung des OLG Köln, das bereits die Formulierung „jetzt gratis testen – danach kostenpflichtig“ auf dem Button nicht für ausreichend gehalten hatte.

Preisänderung: Keine Einbahnstraße!

Das war aber noch nicht alles – das Kammergericht entschied darüber hinaus über eine Preiserhöhungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters. Die Klausel räumte dem Anbieter das Recht ein, das Abo-Angebot und die Preise für den Streamingdienst ändern zu können, der Verbraucher werde mindestens 30 Tage vor dem Inkrafttreten der neuen Preise informiert.

Das Gericht entschied, dass eine solche Klausel den Verbraucher unangemessen benachteilige. Zwar seien Preisanpassungsklauseln in AGB nicht grundsätzlich unwirksam. Ihre Wirksamkeit sei jedoch davon abhängig, dass Preiserhöhungen nur dazu dienen sollen Kostensteigerungen für den Unternehmer auf den Verbraucher abzuwälzen und das auch nur in den engen Grenzen einzelne Kostenelemente sowie deren Gewichtung im Rahmen der Preiskalkulation offenzulegen. Die maßgebliche Klausel des Streamingdienstanbieters sah das Gericht vor diesem Hintergrund als missbräuchlich iSd § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB an. Missbräuchlich sei eine Klausel, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches Missverhältnis in Bezug auf seine Rechte und Pflichten verursache. Die Klausel des Streamingdienstanbieters nannte weder die Kostenelemente und deren Gewichtung noch Faktoren, von denen die Preisanpassung abhängig gemacht wurde. Dies würde dem Verbraucher die Möglichkeit nehmen, die ihn erwartende Steigung des Gesamtpreises einschätzen zu können. Darüber hinaus sei die Preiserhöhung in der AGB-Klausel nicht begrenzt auf den Umfang einer Kostensteigerung. Damit böte sie dem Streamingdienstanbieter einen unkontrollierbaren Preiserhöhungsspielraum, der laut KG Berlin auch nicht durch die Kündigungsmöglichkeit des Verbrauchers kompensiert werden könne. Der Verbraucher sei weiterhin benachteiligt, denn es werde ihm die Möglichkeit genommen, die Zulässigkeit der Preiserhöhung überprüfen zu lassen und so gegebenenfalls den Unternehmer zur Fortführung unter den ursprünglich vereinbarten Bedingungen zu zwingen.

Folgen für die Praxis

Dieses Urteil des KG Berlin ist sehr verbraucherfreundlich und daher nicht nur für Streamingdienstanbieter interessant. Unternehmen müssen verstärkt darauf achten, dass auf dem Bestellbutton nur kurz und prägnant auf die Zahlungspflicht hingewiesen wird und keinerlei weiterer Hinweis erfolgt. Eine Orientierungshilfe, welche Formulierungen zulässig sind, gibt der Leitfaden der GD Justiz auf Seite 40. Weitere Angaben zu Gratismonaten sowie Formulierungen, die von der Zahlungspflicht ablenken können oder unnötig lange sind, gehören nicht auf den Button. Ein Hinweis auf solche Informationen muss außerhalb des Buttons erfolgen.

Schließlich müssen Unternehmen auch im Rahmen jeglicher Preiserhöhungsklauseln der richtigen Formulierung Beachtung schenken, denn schnell kann eine solche Klausel nach Maßgabe des § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sein. Wenn Unternehmer bisher dachten, dass die Möglichkeit der Kündigung als Kompensation für solche Klauseln ausreicht, so wurde dem mit dem Urteil ein Riegel vorgeschoben. Unternehmer müssen nunmehr konsequent darauf achten, diese Klausel möglichst transparent und bestimmt genug zu gestalten, indem die Kostenelemente und deren Gewichtung im Rahmen der Preiskalkulation offenlegen.

Wir danken unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Jülide Kaya für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrags!


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